Ausgewogene Düngung durch Feldsensoren

Prof. Máté Bezdek und sein Team sind Experten für chemische Sensorik. Ihr Ziel: Sensoren für die Landwirtschaft entwickeln, die eine genaue Düngung von Feldern erm?glichen, eine ?berdüngung vermeiden und so dazu beitragen, die durch die Landwirtschaft verursachten Emissionen zu verringern.

Traktor versprüht Gülle

Wir sprachen mit Prof. Máté Bezdek, Referent am ETH-Industrietag 2023.

Ihr Ziel ist es, Sensoren zu entwickeln, die in der Landwirtschaft, auf dem Feld, eingesetzt werden k?nnen. Warum w?re es wichtig, solche Sensoren zu haben? Wofür k?nnte man sie einsetzen?

Máté Bezdek: Wenn wir solche Sensoren h?tten, k?nnte der N?hrstoffhaushalt des Bodens genau und auf einfache Weise gemessen werden. Das würde den Landwirten helfen, zu entscheiden, wie viel Dünger sie verwenden sollen. Eine ?berdüngung und ihre enormen Auswirkungen auf die Umwelt k?nnten vermieden werden.

Warum ist Düngen potenziell sch?dlich für die Umwelt?

Dünger bzw. Ammoniak liegt in Form von Ammonium im Boden vor. Pflanzen nehmen das Ammonium entweder auf oder Bodenmikroben wandeln es in Nitrat um, das ausgewaschen werden und ins Grundwasser gelangen kann. Mikroben im Boden k?nnen Nitrat weiter in starke Treibhausgase wie Distickstoffoxid, auch bekannt als Lachgas, umwandeln. Wenn also zu viel gedüngt wird, gelangen erhebliche Mengen an Nitrat und Lachgas in die Umwelt. Dies ist ein grosses Problem, denn Distickstoffoxid hat ein Treibhauspotenzial, das fast 300-mal h?her ist als das von CO2. Obwohl es als Teil des globalen natürlichen Stickstoffkreislaufs freigesetzt wird, wird ein grosser Teil der Lachgasemissionen durch landwirtschaftliche Praktiken verursacht. Und dieser Anteil nimmt zu und tr?gt erheblich zum Klimawandel bei. Daher w?re es gut, Sensoren zur Messung von Lachgas in der Luft und/oder Nitrat im Boden zu haben, um den Düngemitteleinsatz zu optimieren und die Umweltauswirkungen der Landwirtschaft zu verringern.

Was sind die Grenzen der vorhandenen Sensoren?

Derzeit sind haupts?chlich optische Sensoren für den Einsatz in der Landwirtschaft verfügbar. Dabei handelt es sich oft um grosse, ziemlich stromhungrige und teure Instrumente, die für die Anwendung im Feld nicht ideal sind. Alternativ dazu gibt es laborgestützte Bodenanalyseverfahren, aber das bedeutet, dass man Bodenproben nehmen und ins Labor bringen muss - ein ziemlich langsamer Prozess. Oder man kann Satellitenbilder zur ?berwachung der Landwirtschaft verwenden, was ebenfalls komplex, langwierig und teuer ist. Daher sind neue Methoden zum Nachweis von Agrargasen gefragt.

Wie arbeiten Sie mit potenziellen Nutzern zusammen?

Die wichtigsten potenziellen Nutzer sind Landwirte, sowohl kleine als auch grosse, und damit verbundene Organisationen. Sobald wir über Prototypen verfügen, k?nnten wir deren Zuverl?ssigkeit in Zusammenarbeit mit diesen Anwendern im Feld testen. In dieser Hinsicht hat uns das World Food System Center der ETH Zürich bei der Kontaktaufnahme mit potenziellen Nutzern und Kooperationspartnern sehr geholfen. 

Chemoresistor
Konzeptionelle Darstellung eines drahtlosen chemoresistiven Sensors. (Quelle: Functional Coordination Chemistry Lab, ETH Zürich)

Welche anderen Branchen k?nnten von einer Zusammenarbeit mit Ihnen bei der weiteren Entwicklung dieser Sensoren profitieren?

Die Sensoren k?nnten, wenn sie erst einmal existieren, auch in Fabriken eingesetzt werden, zum Beispiel um Gaslecks aufzuspüren, und sogar in der Gesundheitsüberwachung, zum Beispiel für Atemmessger?te. Denn Distickstoffoxid ist auch ein Nebenprodukt einiger industrieller Prozesse, und das verwandte Gasmolekül Stickstoffmonoxid ist ein Biomarker, der zur Diagnose von Krankheiten wie Atemwegsentzündungen verwendet werden kann.

Welche Eigenschaften brauchen diese Art von Sensoren?

Zuverl?ssigkeit ist sehr wichtig, damit die Sensoren über einen l?ngeren Zeitraum hinweg eine gleichbleibende Leistung erbringen. Für einen einfachen Einsatz im Feld sollten sie kompakt sein, einen geringen Energiebedarf haben und nicht zu teuer sein. Und, was am wichtigsten ist, die Sensoren müssen selektiv sein. Das bedeutet, dass sie in der Lage sein müssen, die gewünschten Zielmoleküle in sehr komplexen Mischungen mit vielen anderen Molekülarten zu erkennen.

Sensoren zu finden, die für landwirtschaftlich relevante Moleküle im Boden und in der Luft selektiv sind, das ist die Millionen-Dollar-Frage.

Das klingt schwierig. Aber ich nehme an, Sie haben Ideen, wie man zu einem kleinen, billigen, effizienten und zuverl?ssigen Sensor kommen kann?

Für die Ger?te arbeiten wir mit Kohlenstoff-Nanomaterialien als Plattform und legen ein Sensormaterial darauf, das wir so gestalten, dass es selektiv ist. Genauer gesagt ver?ndern wir die Oberfl?che der Nanomaterialien chemisch und schaffen so neue Verbundstoffe. Durch die chemische Reaktion des Verbundstoffs mit den Substanzen, die wir nachweisen wollen, ?ndert sich die elektrische Leitf?higkeit des Systems. Diese ?nderung des elektrischen Stroms ist das, was wir messen. Auf diese Weise wandeln wir ein chemisches Ereignis direkt in digitale Informationen um.

Die Wahl von Kohlenstoff als Basis tr?gt dazu bei, dass die Sensoren kompakt und kostengünstig sind und wenig Energie ben?tigen. Wichtig für den Nachweis von Distickstoffoxid in der Luft oder von Nitrat im Boden ist das Material, das mit den Kohlenstoff-Nanomaterialien einen Verbund bildet. Deshalb ver?ndern wir die Schichten auf dem Kohlenstoff, indem wir eine Reihe von Verbindungen mit unterschiedlichen Gehalten an Vanadium oder einem anderen ?bergangsmetall synthetisieren. Dann experimentieren wir, ob diese Verbindungen mit - und nur mit - Distickstoffoxid oder Nitrat reagieren.

Wir testen auch die anderen Eigenschaften der Sensoren wie Zuverl?ssigkeit und Effizienz, aber wir konzentrieren uns darauf, eine selektive chemische Reaktion zu finden, die wir in eine sensorische Reaktion umsetzen k?nnen, denn darin sind wir Experten. Das ist es, was Chemiker am besten k?nnen (lacht).

picture of Prof. Máté Bezdek
Prof. Máté Bezdek (Quelle: Máté Bezdek)
Gruppenfoto Bezdek Gruppe
Das Team Fonctional Coordination Chemistry Lab (Quelle: Máté Bezdek)

Kontakt/Links:

Prof. Máté Bezdek, Functional Coordination Chemistry, ETH Zürich

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