Schweiz ab sofort nicht-assoziierter Drittstaat bei Horizon Europe

Was seit dem Scheitern des Rahmenabkommens befürchtet wurde, ist nun eingetreten. Die Europ?ische Kommission hat gestern das Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) informiert, dass die Schweiz bei den Eingaben von Forschungsprojekten für Horizon Europe und damit verbundenen Programmen und Initiativen als nicht-?assoziierter Drittstaat behandelt wird. Dieser Status kann zwar jederzeit wieder ge?ndert werden, gilt aber nun für die Ausschreibungen des Jahres 2021.

Teilnahme an Verbundprojekten weiterhin m?glich

Wichtig für alle ETH-Forschenden: Als Teilnehmer aus einem nicht-assoziierten Drittstaat k?nnen sich Forschende und Innovatoren in der Schweiz weiterhin auf Ausschreibungen für Verbundprojekte bewerben, bei denen Drittstaaten teilnahmeberechtigt sind. Finanziert werden diese dann nicht durch die Europ?ische Kommission, sondern die F?rdermittel für die Schweizer Beteiligung werden direkt vom Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) an die Schweizer Teilnehmenden vergeben. Voraussetzung ist, dass deren Projektantr?ge von der Europ?ischen Kommission oder der von ihr beauftragten Agentur als f?rderungswürdig beurteilt werden. Allerdings k?nnen Teilnehmende aus nicht-assoziierten Drittstaaten keine Koordinationsaufgaben in Verbundprojekten übernehmen.

Teilnahme an Einzelprojekten im Moment nicht m?glich

Die Teilnahme an Einzelprojekten (ERC-Einzelgrants, MSCA Postdoctoral Fellowships und MSCA COFUND sowie EIC Accelerator) ist für Forschende eines nicht-assoziierten Drittstaats prinzipiell nicht m?glich. Für die 2021er-Ausschreibungen der ERC Starting Grants und der ERC Consolidator Grants (beides bereits geschlossene Ausschreibungen bzw. die Anmeldefristen sind vorbei) gilt jedoch eine Ausnahmeregelung: Weil bei diesen Projekttypen die Gastinstitution prinzipiell bis zum Abschluss des Grant Agreements angepasst werden kann, werden Projektantr?ge von Forschenden (Principal Investigators) an Schweizerischen Gastinstitutionen von der Europ?ischen Kommission evaluiert. Forschende mit einem erfolgreich evaluierten ERC Starting oder Consolidator Grant erhalten eine Direktfinanzierung vom SBFI. Zus?tzlich bereitet das SBFI Antr?ge für geeignete ?bergangsmassnahmen für nicht mehr zug?ngliche Programmteile im Rahmen des Kredit- und Budgetprozess des Bundes vor (namentlich für die ERC Advanced Grants sowie für Quantum- und Space-Ausschreibungen).

Detailliertere Informationen finden Sie auf der Website des externe SeiteSBFI. Dort finden Sie ein Informationsblatt sowie eine Zusammenstellung von Antworten auf h?ufig gestellte Fragen zur Schweizer Beteiligung an Horizon Europe und verwandten Programmen und Initiativen. Diese Dokumente werden regelm?ssig aktualisiert.

Für weitere Fragen und individuelle Beratungen steht den ETH-Forschenden EU Grants Access zur Seite: www.grantsaccess.ch

Interview mit Detlef Günther, Vizepr?sident für Forschung an der ETH Zürich

Detlef Günther, Vizepräsident für Forschung an der ETH Zürich (Bild: ETH Zürich/Markus Bertschi)
Detlef Günther, Vizepr?sident für Forschung an der ETH Zürich (Bild: ETH Zürich/Markus Bertschi)

Detlef Günther, jetzt ist klar: Die Schweiz wird bei den F?rderprogrammen von Horizon Europe ab sofort als nicht-assoziierter Drittstaat behandelt. Was bedeutet das für die ETH Zürich?
Für die ETH Zürich ist die vollassoziierte Teilnahme der Schweiz am gr?ssten Forschungsf?rderprogramm der Welt von zentraler Bedeutung. Seit 2007 haben ETH-Forschende insgesamt über 500 Millionen Franken vom Europ?ischen Forschungsrat (ERC) erhalten, um ihre Projekte voranzutreiben. Dass wir als ETH von einem grossen Teil dieser F?rderprogramme ausgeschlossen sind, ist für mich unfassbar. Ich pers?nliche bedauere diese Entwicklung sehr.

Fehlt der ETH nun Geld für Forschung?
Die Finanzen sind nur ein Aspekt. Da sind wir jetzt auf eine zus?tzliche Unterstützung des Bundes angewiesen. Viel wichtiger bei Horizon Europe ist aber die internationale Zusammenarbeit und der Wettbewerb unter den besten Hochschulen Europas. Diesem Wettbewerb k?nnen sich unsere Forschenden nun nur noch sehr beschr?nkt stellen. Damit verliert die Schweiz als Arbeitsort für Spitzenforschende an Attraktivit?t. Oder vereinfacht gesagt: Wir dürfen nicht mehr in der Champions League mitspielen und müssen uns mit der Schweizer Liga zufriedengeben.

Im Fussball würden in diesem Fall wohl einige Spieler den Club wechseln…
Und genau das droht nun auch in der Forschung: Dass die klügsten K?pfe nicht mehr in die Schweiz kommen oder die Schweiz sogar verlassen, wenn wir l?ngerfristig nur ein bisschen mitspielen dürfen und keine Führungsposition übernehmen k?nnen. Dadurch geht wichtiges Know-how verloren und natürlich würde auch die Schweizer Wirtschaft darunter leiden.

Welchen Einfluss hat der Entscheid auf die internationalen Forschungskooperationen?
Momentan finden bei uns rund die H?lfte aller internationalen Kooperationen mit L?ndern der EU statt. Und auch für die anderen Schweizer Hochschulen ist Europa der wichtigste internationale Partner. Die Zusammenarbeit mit anderen europ?ischen Universit?ten wird nun aber zur Herkulesaufgabe – Vertr?ge müssten jeweils einzeln ausgearbeitet werden, was Zeit kosten, den Forschungsbetrieb verlangsamen und die Attraktivit?t der Schweizer Hochschulen als Forschungspartner bedeutend schm?lern wird.

Was erwarten Sie in Zukunft?
Kurzfristig hoffe ich auf schnelle und unkomplizierte ?berbrückungsmassnahmen durch das SBFI. Unsere Forschenden dürfen nicht die Leidtragenden der politischen Verhandlungen mit der EU sein. L?ngerfristig ist es für den Forschungsstandort Schweiz zentral, dass die Entscheidungstr?ger die Verhandlungen mit der Europ?ischen Union mit allen Kr?ften vorantreiben und wieder eine vollassoziierte Teilnahme der Schweiz an Horizon Europe erm?glichen. Ich bin überzeugt, dass es nicht nur im Interesse der Schweizer Hochschulen, sondern auch allen Europ?ischen Universit?ten ist, dass die Schweiz mit ihrer Spitzenforschung wieder voll vertreten ist. Denn in Zeiten von massiven globalen Herausforderungen und einem zunehmenden Wettbewerbsdruck durch internationale Player ist es wichtiger denn je, dass Europa seine Kr?fte in der Forschung bündelt.

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