Ernährungssicherheit als System verstehen

Die weltweite Ern?hrung sicherzustellen ist ein komplexes Unterfangen, das weit über die Produktions- und Verteilungsproblematik hinausreicht. Um Ern?hrungssicherheit systematisch erfassen zu k?nnen, sollten vier zentrale Faktoren berücksichtigt werden.

Vergr?sserte Ansicht: Maisfeld mit Silos
Verarbeitung von Mais in Minnesota, USA (Bild: iStockphoto)

Die globale Nahrungsmittelproduktion w?chst seit Jahren. Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) und die Ern?hrungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) [1] gehen für die n?chsten zehn Jahre von einem j?hrlichen Wachstum von rund 1.5 Prozent aus. Demgegenüber rechnet die UNO mit einer Bev?lkerungszunahme bis 2020 von rund 1 Prozent j?hrlich. Ob die erwartete Produktionssteigerung mit der künftigen Nahrungsmittelnachfrage schritthalten kann, h?ngt auch davon ab, wie sich die Einkommen und damit verbunden die Konsumpr?ferenzen ver?ndern werden.

Die Hungerproblematik besteht

Die oben genannte Gleichung zwischen erwarteter Produktions- und Konsumentwicklungen greift aber zu kurz. Heute verfügt rund jeder achte Erdbürger über zu wenig Nahrungsmittel, um ein aktives, gesundes Leben zu führen. In Subsahara-Afrika ist rund jeder vierte Mensch von Hunger betroffen. Für Afrika wird gleichzeitig mit einer starken wirtschaftlichen Entwicklung und einem massiven Bev?lkerungswachstum gerechnet. Dies in einer Region, deren landwirtschaftlicher Output weit unter dem globalen Durchschnitt liegt.

Ern?hrungssicherheit – ein System mit vier Faktoren

Die Ern?hrungssicherheit ist eine komplexe Problematik. Dies hat – neben lokalen Herausforderungen – damit zu tun, dass entlang der globalen Nahrungsmittelkette Ursache und Wirkung oft zeitlich und r?umlich auseinander liegen: Produkte, die an einem Ort produziert werden, werden oft erst Monate sp?ter an einem anderen Ort der Welt konsumiert. Globale Arbeitsteilung, Handel und Lagerhaltung sowie zukünftige Preiserwartungen spielen dabei eine wichtige Rolle.

Vergr?sserte Ansicht: Schema Ernährungssicherheit
Die vier Faktoren der Ern?hrungssicherheit: Verfügbarkeit, Zugang, Verwendung und Stabilit?t (Grafik: Martijn Sonnevelt)

Um die Zusammenh?nge der Ern?hrungssicherheit zu verstehen, bietet sich ein systemischer Ansatz mit folgenden vier Faktoren an: Verfügbarkeit, Zugang, Verwendung und Stabilit?t. Die ersten beiden Elemente umfassen die eigentliche Verfügbarkeit von Nahrungsmitteln sowie den physischen und monet?ren Zugang zu ihnen. In diesem Zusammenhang spielen produktionsbezogene Aspekte wie das agronomische Potenzial, Investitionen in Infrastruktur oder Züchtung eine wichtige Rolle. Weitere bedeutende Einflussgr?ssen sind das Bev?lkerungswachstum und der globale Handel sowie generell ?konomische und technologische Entwicklungen.

Das dritte Element, die Verwendung von Nahrungsmitteln, beinhaltet einerseits Aspekte wie Qualit?t, Sicherheit und den Umgang mit Verlusten, etwa mit Nahrungsmittelabf?llen. Andererseits sind auch landwirtschaftliche Produkte gemeint, die zu Energietr?gern oder Kunststoffen verarbeitet werden.

Das letzte Element bezieht sich auf die Stabilit?t des Ern?hrungssystems. Aus einer kurzfristigen Perspektive geht es um die politischen, institutionellen und ?konomischen Rahmenbedingungen, die Investitionen und Innovationen f?rdern, sowie um Umweltfaktoren wie zum Beispiel Klimawandel, Bodenqualit?t oder Pflanzenkrankheiten. Ferner geht es um das langfristige Potenzial des Ern?hrungssystems unter Berücksichtigung der natürlichen Ressourcenausstattung.

Systemverst?ndnis und Transparenz als Schlüssel

Vergr?sserte Ansicht: Reissack
Transparentere M?rkte erh?hen den Zugang zu Nahrungsmitteln (Bild: Dan / Freedigitalphotos)

Der weltweite Nahrungsmittelmarkt ist von unsicheren zukünftigen Produktions- und Konsumerwartungen sowie von Intransparenz gepr?gt, zum Beispiel bezüglich Lagerbest?nden. Darüber hinaus richten sich staatliche Markteingriffe oft nach innenpolitischem Kalkül.

In vielen L?ndern geben Haushallte im Durchschnitt rund 30 bis 45 Prozent ihres Einkommens für Nahrungsmittel aus. Ver?nderungen der Nahrungsmittelpreise k?nnen für sie schwerwiegende Konsequenzen haben. Um die Entwicklung der Nahrungsmittelm?rkte besser einsch?tzen und somit Preisausschl?ge abfedern zu k?nnen, ist es unerl?sslich, dass man die Zusammenh?nge zwischen Verfügbarkeit, Zugang, Verwendung und Stabilit?t besser als Ganzes versteht. Ein solches Systemverst?ndnis kann zu breiter abgestützten Informationen über Politik-, Produktions- und Konsumtrends führen. Das hilft uns, globale Marktentwicklungen besser abzusch?tzen und so die richtigen Massnahmen zu ergreifen. Transparentere M?rkte sind immer auch stabilere M?rkte und führen zu gesichertem Zugang der armen Bev?lkerung zu Nahrung.

Weiterführende Informationen

[1] OECD-FAO (2013): externe SeiteAgricultural Outlook 2013-2022

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