COP27: Klimafinanzierung braucht mehr Transparenz

Auf der 27. Weltklimakonferenz (COP27) in ?gypten, die jetzt w?hrend zwei Wochen l?uft, ist die Klimafinanzierung wieder ein dominierendes Thema. Was bereits im Vorfeld f¨¹r angespannte Stimmung sorgte: So grossz¨¹gig wie einst versprochen fliessen die Gelder bis anhin nicht.

Laut OECD wurde 2020 mit 82 Milliarden US-Dollar der bisherige H?chststand erreicht.¹ Dass die von den Geberl?ndern rapportierten Zahlungen den Zielen deutlich hinterherhinken, wird schon l?nger von der Zivilgesellschaft moniert. Inzwischen zeigt sich aber immer klarer, wie stark Realit?t und Versprechen auseinanderklaffen.

Grosse Finanzierungsl¨¹cken

Dazu muss man wissen, dass es aufw?ndig und schwierig ist, die internationale Klimafinanzierung zuverl?ssig zu erfassen: Zum einen ist der Begriff nicht klar definiert. Zum anderen bestimmen die Geberl?nder, was sie als klimarelevante Projekte ausweisen.

In einer k¨¹rzlich in Nature Climate Change ver?ffentlichten externe SeiteStudiecall_made habe ich mit zwei Kolleg:innen der ETH Z¨¹rich und der Universit?t St. Gallen die berichteten Klimafinanzfl¨¹sse der letzten 20 Jahre genauer untersucht.² Mithilfe einer k¨¹nstlichen Intelligenz haben wir 2,7 Millionen bilaterale Entwicklungsprojekte anhand ihrer Beschreibungstexte analysiert und nach ihrer Klimarelevanz klassifiziert.

Das Resultat: F¨¹r die Zeit nach Paris (2016-2019) identifizierten wir rund 40 Prozent weniger Klimafinanzierung als von den Industriel?ndern offiziell kommuniziert. Wir schliessen daraus, dass Geberl?nder nicht nur weniger zahlen als versprochen, sie weisen auch Projekte als klimarelevant aus, die wenig mit Klima zu tun haben ¨C und umgekehrt: Projekte mit klarem Klimabezug werden nicht als solche gez?hlt.

Die Tendenz zu unerf¨¹llten Versprechen ist problematisch: F¨¹r die L?nder, die auf diese Unterst¨¹tzung angewiesen sind; f¨¹r die Konferenz, weil sich die Skepsis an der Sache direkt auf die Verhandlungen durchschl?gt; und f¨¹r uns alle, weil sich das Klima weiter erhitzt.

Gesucht: vertrauensf?rdernder Fahrplan

Ob die COP27 als die angek¨¹ndigte ?Konferenz der Umsetzung? in die Geschichtsb¨¹cher eingehen wird, h?ngt davon ab, ob sich die Staaten auf eine ambitionierte Finanzierungsagenda einigen k?nnen. Allerdings geht es dabei mittlerweile um weit mehr als das Versprechen von einst. Folgende Aspekte sind aus meiner Sicht zentral:

• Das ?100 Milliarden Dollar Ziel? erf¨¹llen
  Kooperation kann nur gelingen, wenn man sich vertraut. Die Industriel?nder m¨¹ssen zeigen, dass sie ihr Versprechen halten. Das bedingt, dass sie die fehlenden Gelder bereitstellen und f¨¹r ein gemeinsames Verst?ndnis und Vertrauen sorgen. Hier setzt unser Analysetool Climate Finance BERT an: Indem es grunds?tzlich allen L?ndern erlaubt, Klimafinanzierung nach einheitlichen Kriterien zu ¨¹berpr¨¹fen, schafft es Transparenz und erlaubt eine Diskussion auf Augenh?he.²
• Die Basis f¨¹r ein neues Finanzierungsziel legen
  Ein gemeinsames Verst?ndnis und mehr Vertrauen k?nnten auch bei den aktuell laufenden Expertendialogen f¨¹r ein neues und h?heres Finanzierungsziel ab 2025 helfen.³ An der COP27 wird dar¨¹ber noch nicht verhandelt, aber es braucht ein klares Bekenntnis der Industriel?nder f¨¹hr mehr Unterst¨¹tzung. Zudem sollte das Ziel Unterziele f¨¹r Grants und Anpassungsfinanzierung beinhalten, damit ?rmere L?nder vermehrt von den Investitionen profitieren k?nnen.
• Bei der Bew?ltigung von Klimasch?den helfen
  Entwicklungsl?nder fordern Unterst¨¹tzung f¨¹r vom Klimawandel verursachte Sch?den.⁴ Bis anhin hatten sich Geberl?nder geweigert, explizit die Bew?ltigung von Klimasch?den zu finanzieren ¨C unterst¨¹tzt wurden nur die Emissionsreduktion und Anpassung (das ?100 Milliarden Dollar Ziel?). Das k?nnte sich nun ?ndern.⁵ Zum ersten Mal signalisieren wichtige Geberl?nder wie die USA Unterst¨¹tzung; und das Thema wurde in die Verhandlungen aufgenommen.
• Alle L?nder m¨¹ssen Emissionen senken
  Bewegen sich die Industriel?nder in den genannten Punkten, regen sich wahrscheinlich auch die Schwellenl?nder. Der Emissions Gap Report zeigt, dass China bereits doppelt so viel Treibhausgas ausst?sst wie die USA.⁶ Realisierten alle Staaten ihre bisherigen Reduktionsziele, w¨¹rden die globalen Emissionen bis 2030 um 5 bis 10 Prozent sinken. N?tig w?ren aber mindestens 30 Prozent. Ohne substanzielle Beitr?ge der Schwellenl?nder wird das nicht gelingen: Bis 2030 m¨¹ssen sich die Investitionen in die Emissionsreduktion in Industriel?ndern mindestens vervierfachen und in Entwicklungsl?ndern verdreifachen.

Wenn es an der COP27 gelingt, glaubw¨¹rdige Pfade f¨¹r die Bereitstellung der notwendigen Investitionen aufzuzeigen, w?re das ein wichtiger vertrauensbildender Erfolg. Wir hoffen, dass unsere Forschung das Reporting der Klimafinanzierung transparenter macht ¨C das k?me auch den Verhandlungen ¨¹ber die Finanzierungssziele zugute.

Florian Egli hat diesen Beitrag zusammen mit Anna St¨¹nzi und Malte Toetzke verfasst.