Magnetische Katheter gegen Schlaganfälle

Das ETH-Spin-off Nanoflex entwickelt magnetisch steuerbare Katheter, mit denen Schlaganf?lle sicher und schnell behandelt werden k?nnen. Chirurg:innen müssen dafür nicht mehr unbedingt vor Ort sein.

Nanoflex Gründer und ETH-Alumnus Christophe Chautems mit Silvia Viviani, Robotik-Ingenieurin beim ETH-Spin-off.
Nanoflex Gründer und ETH-Alumnus Christophe Chautems mit Silvia Viviani, Robotik-Ingenieurin beim ETH-Spin-off. (Bild: Stefan Weiss / ETH Zürich)

Schlaganf?lle sind weltweit die zweith?ufigste Todesursache und der zweith?ufigste Grund für eine langfristige Behinderung. Einer von vier Erwachsenen über 25 Jahren ist im Laufe seines Lebens davon betroffen. L?sst sich ein Blutgerinnsel im Gehirn nicht durch Medikamente entfernen, müssen Betroffene notfallm?ssig operiert werden. Dabei führt die Chirurgin oder der Chirurg einen Katheter von einer Arterie aus am Herz vorbei bis ins Gehirn, um die Durchblutungsst?rung zu beheben.

Je schneller der Eingriff erfolgt, desto h?her sind die Chancen der Patient:in, keine bleibenden Sch?den davonzutragen. Bis anhin navigieren Chirurg:innen die Katheterspitze meist manuell über einen Zugdraht durch die Windungen der Blutgef?sse. Der Nachteil daran: Da sich die Spitze nur in zwei Richtungen bewegen l?sst, dauert der komplexe Eingriff verh?ltnism?ssig lange und erfordert sehr viel Fingerspitzengefühl und Erfahrung.

Das ETH-Spin-off Nanoflex hat nun einen neuartigen Katheter entwickelt, der mittels Fernbedienung und Computer über ein Magnetfeld gesteuert wird. ?Durch einen magnetischen Kopf kann die Katheterspitze nicht nur in alle Richtungen gebogen werden, sie ist auch kleiner, einfacher zu steuern und auf Grund ihres weichen Materials sicherer?, erkl?rt ETH-Alumnus Christophe Chautems, einer der drei Gründer.

Magnetische Katheter in einem durchsichtigen, künstlichen Herz
?ber ein Magnetfeld kann die Katheterspitze einfach in alle Richtungen gesteuert werden.   (Bild: Stefan Weiss / ETH Zürich)

Pr?zise und schnell ins Gehirn

Durch die pr?zise Steuerung des Magnetkatheters sollen Eingriffe in Zukunft kürzer und weniger anspruchsvoll sein als mit herk?mmlichen Kathetern. ?Auch weniger erfahrene Chirurg:innen sollten mit unserem System in der Lage sein, Schlaganf?lle zu behandeln?, so Chautems. Da es aktuell zu wenig Katheterspezialist:innen an Spit?lern gibt, erhoffen er und sein Team sich, dass dadurch mehr Schlaganfallpatient:innen schnell geholfen werden kann. Zudem sollte der weiche und besser lenkbare Katheter auch zu weniger unbeabsichtigten Verletzungen der Gef?sse führen.

Ein weiterer Vorteil ist, dass der Chirurg oder die Chirurgin den magnetischen Katheter über eine Fernbedienung steuert und daher w?hrend des Eingriffs nicht neben dem Patienten stehen muss. Dies schützt vor der Strahlung des R?ntgenger?tes, das ?rzten und ?rztinnen erlaubt, sich im K?rperinneren der Patient:in zurechtzufinden.

Doch damit nicht genug: ?Mit unserem System k?nnen Eingriff in Zukunft auch aus der Distanz mit einer Fernbedienung und an einem Bildschirm durchgeführt werden?, sagt Silvia Viviani, die an der ETH Robotik studierte und seit 2021 bei Nanoflex t?tig ist. Geht es nach den Forschenden des Start-ups, sollen Schlaganfallpatient:innen in Zukunft so schnell wie m?glich im n?chsten, lokalen Krankenhaus von einem Experten oder einer Expertin operiert werden k?nnen, die sich selbst nicht dort befinden muss. Dadurch kann wichtige Zeit gespart werden.

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(Video: Wyss Zürich)

Flexibel einsetzbarer Magnetfeldgenerator

Damit Chirurg:innen den magnetischen Katheter nutzen k?nnen, müssen die Patient:innen neben einem magnetischen Navigationssystem liegen, das ein gerichtetes Magnetfeld erzeugt. Entwickelt wurde das System und die dazugeh?rige Software im Multi-Scale Robotics Lab von ETH-Professor Bradley Nelson, der Nanoflex 2021 gemeinsam mit Christophe Chautems und Matt Curran gegründet hat. Curran bringt über 20 Jahre Erfahrung in der Medtech-Branche mit und ist CEO des Jungunternehmens. Das ETH-Spin-off wurde seit seiner Gründung vom Wyss Zurich Translational Center unterstützt. 

Im Unterschied zu kommerziell verfügbaren Apparaten, die fix im Operationsaal installiert sind, ist der Magnetfeldgenerator von Nanoflex deutlich leichter und daher auch flexibler einsetzbar. Er kann nach Bedarf in einen Operationssaal geschoben werden und braucht zum Funktionieren lediglich Strom und Wasser.

?ber fünf Jahre hat ETH-Ingenieur Chautems in der Forschungsgruppe von Bradley Nelson an der Entwicklung des magnetischen Katheters und der Verkleinerung des Systems geforscht. ?Unser Ziel war es, auf kleinstem Raum ein Magnetfeld zu erzeugen, um das Gewicht und das Volumen des Ger?ts zu reduzieren. Dies wurde erst m?glich, als wir eine neue Kühlungstechnologie für den Elektromagneten entwickelt haben, die mittlerweile patentiert ist?, erkl?rt der Westschweizer, der bereits für seinen Bachelor in Maschinenbau an die ETH Zürich kam. Das kleinere und flexiblere magnetische Navigationssystem wird dadurch deutlich günstiger sein als die Produkte der Konkurrenz.

In jedem gr?sseren Spital vorhanden sein

Die Vision der Firmengründer ist, dass künftig in jedem gr?sseren Spital eines ihrer magnetischen Navigationssysteme steht. Bis es so weit ist, gibt es allerdings noch einiges zu tun: ?Wir testen unseren Prototypen gerade auf Herz und Nieren an einem Silikonmodell des menschlichen K?rpers?, sagt Chautems.

Das Ziel ist, in zwei Jahren die Zulassung für den amerikanischen Markt zu erlangen. Dafür muss das Jungunternehmen nicht nur alle erdenklichen Risiken prüfen und belegen, wie diese minimiert werden k?nnen, sondern auch zeigen, wie das System standardisiert hergestellt und zuverl?ssig betrieben werden kann.

Das zw?lfk?pfige Team um Chautems und Curran ist zuversichtlich, dass nicht nur der Markteintritt gelingt, sondern dass die Technologie bald auch in anderen Bereichen wie beispielsweise in der Herz- und Augenchirurgie, bei Magenspiegelungen und bei Eingriffen an F?ten eingesetzt werden kann.

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